Für seine herausragende Dissertation über die deutsche Außenpolitik der Versöhnung gegenüber Griechenland erhielt Dr. Charalampos (Babis) Karpouchtsis den Dissertationspreis der Fritz und Helga Exner-Stiftung. Verliehen wurde die Auszeichnung am 17. Februar 2024 im Rahmen der Jahreshauptversammlung der Südosteuropa-Gesellschaft in München.

Dr. Charalampos Karpouchtsis erhält Dissertationspreis der Fritz und Helga Exner-Stiftung

Im Zuge der Wirtschaftskrise hat sich das deutsch-griechische Verhältnis rasant und extrem verschlechtert. Die deutsche Regierung setzte daraufhin auf eine Fülle von Gesten und Vorschlägen im Sinne traditioneller deutscher Versöhnungspolitik. Ein besonderer Fokus lag auf sogenannten Märtyrerdörfern bzw. Opferdörfern: Orte, die von den Besatzungsmächten während des Zweiten Weltkriegs, darunter die deutsche Wehrmacht, ausgelöscht, zerstört oder niedergebrannt wurden oder an denen große Massaker und Massenerschießungen während der Besatzung stattgefunden haben.

Charalampos Karpouchtsis promovierte zu diesem Thema am Jena Center for Reconciliation Studies (JCRS). Derzeit ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Politikwissenschaft, insbesondere Politische Theorie unter Leitung von Prof. Dr. Gary S. Schaal an der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg tätig.

Wissenschaftliche Untersuchung der Versöhnungspolitik

„Ich selbst war stark von dieser Versöhnungspolitik überzeugt“, erklärt Dr. Charalampos Karpouchtsis. Er selbst ist in Thessaloniki aufgewachsen – eine Stadt, aus der ca. 50.000 Juden nach Ausschwitz deportiert wurden. „Bei einer Konferenz in dem Opferdorf Lechovo ist mir allerdings aufgefallen, dass hier eine Diskrepanz zwischen den Zielen der Versöhnungspolitik und der Rezeption vor Ort besteht.“ Karpouchtsis entschied, das Thema wissenschaftlich zu untersuchen. Auf der Konferenz lernte er Prof. Dr. Martin Leiner kennen Der Direktor des Jena Center for Reconciliation Studies (JCRS) forscht zu Konflikten und Versöhnungsprozessen. Er wurde Doktorvater für Karpouchtsis‘ Dissertation zum Thema „Old wounds, new foreign policy? Germany and Greek martyr communities: Between recognition and reconciliation“.

Vertrauen aufbauen und wissenschaftliche Ehrlichkeit demonstrieren

Karpouchtsis operationalisierte die Thematik anhand der griechischen Opferorte: Wie empfinden die Menschen dort die Versöhnungspolitik? „Die größte Herausforderung dabei war die Datenerhebung“, sagt Karpouchtsis. Denn er musste sowohl auf lokaler, als auch auf internationaler Ebene Gesprächspartner finden, die mit ihm über die Versöhnungspolitik sprechen. Dafür besuchte er zehn Opferdörfer und sprach mit  der lokalen politischen Führung sowie mit deutschen und griechischen Diplomat:innen. „Hierfür musste ich viel Vertrauen aufbauen und wissenschaftliche Ehrlichkeit demonstrieren“, sagt Karpouchtsis. Anschließend mussten Interviews in zwei Sprachen transkribiert werden. „Insgesamt waren das mehr als 40 Stunden Material“, so der Wissenschaftler. Außerdem mussten die Interviews ins Englische übersetzt werden. „Ich wollte die Bilingualität aufbrechen und weder Deutsch noch Griechisch als Hauptsprache der Dissertation verwenden.“

HINTERGRUND: Dissertationspreis der Fritz und Helga Exner-Stiftung

Die Fritz und Helga Exner-Stiftung vergibt einmal jährlich Förderpreise für herausragende Leistungen (Dissertationen) im Bereich der Südosteuropa-Forschung. Der Preis wird im Rahmen der Jahreshauptversammlung der Südosteuropa-Gesellschaft verliehen. Die Südosteuropa-Gesellschaft e.V. (SOG) unterstützt als Mittlerorganisation den politischen, wissenschaftlichen und soziokulturellen Austausch sowie die Auseinandersetzung mit Südosteuropa. Institutionell gefördert durch das Auswärtige Amt gehören sie seit ihrer Gründung 1952 zu den wichtigen Trägern der deutschen auswärtigen Kulturpolitik.

Der Förderpreis ist ein Druckkostenzuschuss.